«Ich ha Hunger!!!»

Von Marco Borer & Jakob Mannel / Klasse 5b, Gymnasium Freudenberg / November 2024

Neben seiner Arbeit als Logistiker hat Mirosan einen unüblichen Nebenverdienst: er verdient Geld beim Essen. Bald will er seine Arbeit auf Social Media zu seinem Hauptberuf machen.

Über 20'000 Follower in den sozialen Medien: durch seine Videos, in denen er überwiegend Essen testet, hat sich Miro in kurzer Zeit zu einer Bekanntheit gemacht.


Dank seiner Videos, in denen er Essen testet, hat Miro sich innerhalb von einem Jahr jeweils auf TikTok und Instagram 10000 Follower aufgebaut. Mittlerweile verdient er dank Kooperationen pro Video mehrere hundert Franken. Durch gezielte Produktplatzierungen in seinen sogenannten Food Reviews hat er es geschafft, seine Liebe zum Essen in eine Geschäftsidee umzuwandeln.

Miro, wo siehst du dich in fünf Jahren?

Diese Frage werde ich in jedem Vorstellungsgespräch gefragt (lacht). Leider verdiene ich auf als Influencer noch nicht genug, um es zu meinem Hauptberuf zu machen. Mein Ziel ist es, in fünf Jahren durch Kooperationen so viel zu verdienen, dass ich finanziell unabhängig bin.

War es schon immer dein Traum, Influencer zu werden?

Mit 17 wollte ich ursprünglich Bollywood- Schauspieler werden und als ich in der Lehre war, hatte ich die Chance, in solchen Filmen im Regiebereich mitzuwirken. Ich konnte dabei Drehbücher schreiben und ganze Filmsets aufstellen. Später habe ich auch noch Videos im Bereich Bollywood produziert und editiert und konnte dementsprechend viele Erfahrungen im Medienbereich sammeln. Da ich dabei aber nicht allzu viel Erfolg hatte, habe ich dies später aufgegeben.

Wie gehst du mit Kritik und Hass im Internet um?

Kritik und Hass im Internet nehme ich relativ entspannt, denn ich kritisiere selber ja auch Restaurants und Lokale. Wenn die Kritik konstruktiv ist, versuche ich diese möglichst gut aufzunehmen und mich dementsprechend zu verbessern.

Kannst du uns eine Idee geben, wie viel du ungefähr durch Social Media verdienst?

Mit TikTok und Instagram selber kann man in der Schweiz nicht Geld verdienen. Der einzige Weg sind Kooperationen und sogenannte Product Placements, von denen ich aber momentan nicht leben kann. Im Hintergrund habe ich WeCharge, die für mich Projekte einholen. Die Bezahlung steht in Relation zu den Followern, dass heisst, wenn meine Followeranzahl steigt, steht auch eine höhere Bezahlung aus. Meine Kooperationen variieren von 250 bis über 1000 Franken. Wenn mich eine Firma beispielsweise anfragt und ich nur das Video aufnehme und sie es editiert und hochlädt, verlange ich 250 Franken. Falls ich das Video selber produziere und editiere, können es schnell mal 500 Franken werden. Deshalb ist es für mich auch eher eine Leidenschaft und keine hauptberufliche Sache. Aber wie schon gesagt sehe ich mich in der Zukunft selbstständig und wenn möglich möchte ich von Social Media leben.

Wie viel Zeit investierst du in deinen Kanal?

Für eine Aufnahme brauche ich circa eine Stunde. Wenn ich noch das Bearbeiten und Schneiden dazurechne, arbeite ich circa zwei bis zweieinhalb Stunden pro Tag an meinen Kanälen.

Zahlt sich die Arbeit für Social Media deiner Meinung nach aus?

Für mich ist Social Media hauptsächlich eine Leidenschaft. Davon leben kann ich leider noch nicht, daher ist es für mich Spass, meine Follower zu unterhalten durch meine lustige Art und meine Sprachfehler.

Was hast du für Ziele mit deinem Kanal? Träumst du von gewissen Kooperationen?

Mein Ziel ist es, mehr Travel-Vlogs mit Sponsoren zu posten. Vor allem in Deutschland, weil dort viele Menschen von Social Media leben können. Es gibt dort so viele Kooperationspartner, dass sie nicht mehr arbeiten gehen müssen.

Würdest du gerne ein eigenes Projekt starten? Zum Beispiel eine Produktlinie, ein Buch oder sogar ein eigenes Restaurant?

Eher nicht, da ich sehr schlecht koche, das habt ihr ja in meinen Videos gesehen (lacht). Doch über eine Getränkemarke habe ich mich schon mit meiner Frau unterhalten, da meine Mutter sehr guten Limonensaft macht. Den Saft als eigene Marke könnte ich mir schon irgendwann vorstellen, doch da gibt es noch sehr viel zu planen.

Was ist die grösste Herausforderung für dich als Food Content Creator?

Die grösste Herausforderung ist, meine ganze Community zu befriedigen. Ich bekomme so viele Anfragen, was ich testen soll, dass ich leider nur einen kleinen Teil meiner Zuschauer glücklich stellen kann.

Dein bekannter Slogan lautet «Ich ha Hunger!!!». Hast du diesen Satz bewusst zu deinem Markenzeichen gemacht?

Der Slogan ist zu Beginn unbewusst entstanden. In meinen Videos habe ich das ein paar Mal gesagt. Bis mich jemand darauf aufmerksam gemacht hat, und mir empfohlen hat, den Satz immer zu benutzen, um ihn zu meinem persönlichen Slogan auszubauen. Wenn ich heute auf der Strasse erkannt werde, wird mir nicht mein Name zugerufen, sondern «Ich ha Hunger!!!».

Wie bist du darauf gekommen, Essen zu testen? Gab es einen besonderen Moment, Gericht, dass dich dazu gebracht hat?

Darauf gekommen bin ich durch einen anderen tamilischen Content-Creator namens Thanu, der sich auch mit dem Essen-Testen auseinandersetze. Meine Frau verfolgte ihn auch schon länger und fragte mich warum ich auch nicht solche Videos hochlud. Ich habe ja schon bereits Videos auf tamilisch über die Plattform YouTube hochgeladen, da blieb mir der Erfolg leider aber aus. So habe ich meine Chance gesehen und fing erstmals an Videos auf Deutsch, resp. Schweizerdeutsch hochzuladen. Meine Frau gab mir also täglich Essen auf die Arbeit mit, die ich am Mittag bewerten konnte und dazu ein Video hochlud.

Wie entscheidest du, welche Gerichte du auf deinem Kanal vorstellst?

Zu 75% lasse ich das meine Community entscheiden. Manchmal entscheide ich auch selbst, was ich teste, je nachdem, auf was ich gerade Lust habe. Oft bekomme ich auch Anfragen von Restaurants, die ich testen soll. Dann stelle ich aber zuerst klar, dass es auch sein kann, dass ich eine negative Bewertung abgebe. Wenn ich aber etwas negativ bewerte, nehme ich fairerweise auch keine Bezahlung an.

Wenn du noch einmal mit 0 Followern starten könntest, was würdest du anders machen?

Wenn ich noch einmal neu starten könnte, würde ich kein Fast Food mehr testen. Ich würde dort anders einsteigen, da es heisst, ich würde mich ungesund ernähren. Möglicherweise würde ich mich nicht einmal mehr in Richtung Food Blogger gehen, sondern mehr in den Unterhaltungsbereich, also mehr Comedy etc. Ich kann nämlich lustig sein. (lacht)

Wie wichtig ist dir die Anzahl Follower?

Das Wichtigste war mir einfach die 10'000 Follower zu knacken. Denn bei Kooperationen spielt die Anzahl Follower auch eine Rolle. Firmen achten einerseits auf die Reichweite, dass heisst die durchschnittlichen Anzahl Aufrufe auf seinen Videos, jedoch ist die Followeranzahl auschlaggebender dafür, wie viel für die Kooperation entlohnt wird. Deshalb war es für mich essenziell, diesen Meilenstein von 10000 Follower zu erreichen. Doch das Wichtigste ist mir nicht die Anzahl, sondern meine Follower zu unterhalten.

Gibt es irgendein besonderes Erlebnis mit einem Follower?

Ich wurde auch einmal beim Flughafen von einer U17-Fussballmannschaft erkannt, die lautstark meinen Namen rufen. Mein Chef wusste zu der Zeit noch nicht von meinem kleinen Nebenverdienst und fragte mich verwundert, wieso sie mir zurufen. Also habe ich ihm erklärt, dass ich auf Social Media aktiv war und sie mich deshalb erkannten.


Faktencheck: Influencer vs. Content Creator

Influencer nutzen ihre Reichweite gezielt, um Zielgruppen zu beeinflussen und verdienen meist durch Werbung. Content Creator erstellen hauptsächlich kreative Inhalte, z. B. auf Blogs oder Podcasts. Während jeder Influencer auch Content Creator ist, gilt das nicht umgekehrt.

 
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