An diesem Platz ist die gute Stimmung gratis
Von Julia Drechsler & Imani Brugger, Klasse 5b, Gymnasium Freudenberg / November 2024
Das Quartierleben am Idaplatz im Zürcher Kreis 3 blüht. Das hat auch mit dem Lebensgefühl am Platz zu tun. Und mit Rosa.
Der Idaplatz im Zürcher Kreis 3.
Am Idaplatz in Zürich herrscht immer eine besondere Stimmung. Für viele zählt er zu den schönsten Plätzen Zürichs. Kinder spielen auf dem Boden, Freundinnen trinken Kaffee, Sportfans trinken ein Bier. Die Bäume, die im Frühling blühen, im Sommer Schatten spenden und im Herbst bunt erstrahlen, verleihen dem Kiesplatz einen bestimmten Flair, sodass sich Menschen aus allen Quartieren an freien Tagen hierhin begeben, um die Atmosphäre zu geniessen.
Eine, die genau diese Atmosphäre liebt, ist Sandra Wanaree. Vor vierzehn Jahren gründete sie Pompon, ihren Stoffladen am Idaplatz, und ist seither dessen Geschäftsführerin. Von ihrem Standort am Idaplatz sagt sie: «Ich möchte hier nie mehr weg.»
Man merkt, wie sehr sie sich in ihrem Geschäft zu Hause fühlt. «Ursprünglich war hier ein Kinderkleidergeschäft drin. Ich kannte die Besitzerin. Als ich eines Tages mit meinem Kinderwagen am Geschäft vorbeikam und sie mich fragte, ob ich den Standort übernehmen wolle, war ich sofort dabei.»
Kundschaft aus der ganzen Stadt
Zu Beginn hatte Wanaree noch zwei Nebenjobs, mittlerweile arbeite sie nur noch im Pompon und das zu 150 Prozent. Dass das Geschäft aus zwei Teilen bestehe, dem Stoffladen und der offenen Nähstube, habe sich einfach so ergeben. «Ursprünglich hatte ich die Idee, eine Nähwerkstatt zu eröffnen. Mit der Zeit kaufte ich immer mehr Stoffe ein, und irgendwann gewann das Stoffverkaufen die Oberhand.» Mittlerweile kämen Leute aus der ganzen Stadt,um im Pompon einzukaufen. Eine solch grosse Auswahl an schönen Stoffen gebe es sonst nirgendwo in der Stadt, nicht mehr.
Auch der Online-Shop boomt. «Zum Glück hatte ich den schon vor Corona eröffnet, sodass wir auch 2020 noch Umsatz machen konnten.» Seit die Geschäfte wieder öffnen durften, habe sich die Nachfrage nach Stoffen vervielfacht. Durch den Lockdown hätten viele wieder zur Handarbeit gefunden.
Wanaree sagt, sie habe eine gute Beziehung zu den Anwohner:innen und den Nachbarsgeschäften des Idaplatzes. «Hier kennt man sich eben.» Der Platz lebt, die Stimmung könnte nicht friedlicher sein. Egal, ob man tagsüber Ruhe benötigt, um ein Buch zu lesen, oder abends etwas trinken gehen möchte, am Idaplatz ist man nie falsch. «Ich will an keinem anderen Ort sein.» Auch nach vierzehn Jahren ist es ihr hier nicht verleidet.
Ansteigende Mieten
Doch die gute Atmosphäre am Platz hat ihren Preis. Die Mieten der Häuser am Platz sind in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Im städtischen Durchschnitt sind die Wohnungsmieten in den vergangenen 20 Jahren um die 40 Prozent angestiegen, in Wiedikon dürfte diese Zahl noch deutlich darüber liegen. Durch die Generalsanierungen werden die Familien vertrieben, und die neuen Wohnungen werden für durchschnittlich Verdienende unbezahlbar.
Das merkt auch Sandra Wanaree. In den letzten zwanzig Jahren, in denen sich der Kreis 3 zum beliebten Wohnquartier entwickelt hat, hat sie viele Veränderungen festgestellt. Immer mehr Leute sprechen in Wiedikon nur noch Englisch, auch unter ihren Kund:innen sind immer mehr Englischsprechende.
Ein Ausblick für die Zukunft? «Der Idaplatz, der bleibt.»
Und die Gastronomie?
Auf der anderen Seite des Platzes reihen sich gleich drei Lokale aneinander. Dass sich das rentiert, sagt viel über die grosse Anzahl der Besucher:innen aus. Der Idaplatz lockt ein breites Publikum an.
Die drei Lokale am Idaplatz decken verschiedene Bedürfnisse ab. Im Calvados schaut man Fussball und trinkt dazu Bier, das Piazza ist bekannt für seine Moules, sein Schnitzel und den Cheesecake und im Smoking Kiosk … «det bechunsch alles», sagt eine Kellnerin des Piazzas. Es gibt auf dem Idaplatz also für alle etwas.
Zu WM-oder EM-Zeiten zeigen der Smoking Kiosk, das Piazza und das Calvados alle die Spiele. Der Idaplatz ist dann jeweils gut gefüllt. «Es gibt immer einen kleinen Konkurrenzkampf zwischen uns drei um die schnellste TV-Verbindung. Wir verstehen uns aber super», sagt eine andere Kellnerin des Piazzas.
Das Piazza mit seiner einladenden Fensterfront und heimeligen Stimmung ist Café, Restaurant und Bar zugleich. Im Sommer erhält man hier auch Glacé, das für viele Kund:innen zum besten der Stadt zählt.
An diesem Dienstagabend ist das Lokal komplett ausgebucht. Das sei nicht immer so an einen Dienstag, sagt eine Kellnerin. «Doch an einem Standort wie dem Idaplatz muss man damit rechnen.»
Sie erzählen uns von Rosa, dem Hund, der zusammen mit seiner Besitzerin viel Zeit auf dem Kiesplatz verbringt. Rosa begrüsse alle, die hier vorbeikommen. «Ein Hund, der zum Idaplatz gehört, das ist typisch», sagt die zweite. Es sind lauter solche kleine Dinge, die eine einzigartige und familiäre Stimmung schaffen.
Von Familien mit kleinen Kindern bis hin zu FCZ-Fans, im Piazza kommt alles vorbei. Stammgäste? «Morgens kommen immer dieselben vorbei, bestellen einen Kafi Crème und lesen ihre Zeitung», sagt die zweite Kellnerin, «Das ist hier eben das Tolle. So viele verschiedene Menschen kommen hier vorbei und wollen die schöne Atmosphäre geniessen.»
Und was hat sich im Piazza in den letzten Jahren verändert? «Im Durchschnitt ist die Kundschaft älter geworden. Durch die hohen Mieten leben nun weniger Junge in der Gegend, Viele Gäste des Piazzas sind im mittleren Alter, wir haben aber weiterhin viele junge Gäste aus dem Quartier.»
Irgendwelche schlechte Erfahrungen? «Schlecht nicht. Manchmal jemand, der zu viel getrunken hat. Aber sonst… Eher etwas Lustiges: Fast wöchentlich kriegen wir Anrufe von Personen, die bei uns Pizza bestellen möchten. Sie lesen Pizza statt Piazza. Aber Pizza gibts im Piazza nicht.»
Die Kellnerinnen kommen von alleine darauf zu sprechen, was ihnen am Idaplatz am meisten gefällt: «Das Schöne ist, dass man hier Zeit verbringen kann, ohne etwas zu konsumieren oder Geld ausgeben zu müssen. Viele kommen im Herbst mit einer Thermosflasche und setzten sich auf die Bänke. Die gute Stimmung ist gratis.»
Von Familien mit kleinen Kindern bis hin zu FCZ-Fans, im Piazza kommt alles vorbei.